Artikel: Verpackungstrend - eine Einschätzung
Verpackungstrend - eine Einschätzung
Heute möchte ich über ein Problem schreiben, dass wir wohl alle nur zu gut aus dem Alltag kennen: Wir gehen in den Supermarkt und kaufen unseren täglichen oder wöchentlichen Bedarf an Lebensmitteln, die alle vielfach in Plastik verpackt sind. Egal ob Obst oder Gemüse, der Anteil an in Plastikschälchen und/oder (mehrfach) in Plastikfolien verpackten Lebensmitteln nimmt kontinuierlich zu. Erst an der Kasse oder daheim beim Ausräumen des Einkaufskorbes wird uns das ganze Ausmaß bewusst.
Was hier am Beispiel Supermarkt beschrieben wird, ist keineswegs ein Randphänomen. Gerne tauschen wir heutzutage Qualität gegen günstigere Preise verbunden mit einer Haltbarkeit im Idealfall von mehreren Wochen für „frische“ Lebensmittel. Und wenn die Tomaten nach 3 Wochen doch nicht mehr so recht schmecken wollen (wie sollten sie das auch tun), so werfen wir sie einfach weg und das Spiel beginnt von vorne.
Die Menge an Verpackungen als Folge unserer veränderten, modernen und bequemen Shoppinggewohnheiten (bspw. Bestellung über das Internet mit Lieferung am nächsten oder immer häufiger noch am selben Tag) lässt sich am besten in Zahlen veranschaulichen: 213 kg Verpackungsmüll produziert jeder deutsche Bundesbürger pro Jahr (Angabe aus dem Jahr 2013). Als Folge dürfen wir uns in Deutschland mit dem Titel des Verpackungseuropameisters rühmen - ein Titel, auf den wohl jeder nur zu gerne verzichten würde, geschweige denn stolz sein kann. [7] Mit einer halben Tonne Haushaltsmüll pro Kopf sind die Zahlen des Umweltbundesamtes noch gravierender. [6]
Unser gekauftes Gemüse und Obst ist bereits zu 63% vorverpackt - Tendenz wohl weiter steigend. Die Packgrößen werden von Jahr zu Jahr kleiner, die Verpackungen (heute fast ausschließlich aus Kunststoff) jedoch immer materialintensiver. [2] Eine mögliche Erklärung für diesen Trend liegt wohl in der seit Jahren kontinuierlichen Zunahme von Singlehaushalten. Mehr als ein Drittel der deutschen Bevölkerung lebt in einem Singlehaushalt. In Großstädten sind es gar über 40%. Mehr Haushalte bedeuten mehr Einzelpersonen in den Supermärkten, die immer kleinere Verpackungseinheiten kaufen… [4] Die Vorverpackung von Lebensmitteln benötigt dabei mehr Verpackungsmaterial (u.a. wird ein Deckel benötigt) als bspw. das kleine Tütchen zum Verpacken loser Lebensmittel im Supermarkt. Als Folge fordert der NABU bereits 2015 die Supermärkte auf, wieder verstärkt auf lose Ware zu setzen. [2] Das hätte auch für uns Kunden einen großen Vorteil: Wenn wir Produkte (vor dem Kauf) anfassen können, entsteht ein viel engerer Bezug zwischen Käufer und Produkt…denn wir können Produkte gezielt nach unseren Anforderungen und Wünschen aussuchen. Bei vorverpackten Lebensmitteln fehlt dieser Bezug schlichtweg. Der Aufruf des NABU hat bis heute - zumindest aus meiner Sicht - keinen allzu großen Anklang gefunden, sind vorverpackte Lebensmittel doch nicht nur für die Supermärkte bequem, sondern auch für uns Kunden.
Was für uns schwer greifbar scheint - entsorgen wir doch schon seit Kindheitstagen unseren Abfall wohl getrennt in den entsprechenden Abfallbehältern - hat massive Auswirkungen auf unsere Umwelt. So sind bspw. an den Stränden der Nordsee im Durchschnitt 389 Plastikteile, an denen der Ostsee ca. 70 Teile auf 100 Metern auffindbar. 69% der untersuchten toten Fische aus diesen Gewässern enthalten zudem Mikroplastikpartikel. Die Auswirkungen dieses Problems werden immer gigantischer - und das weltweit: So finden sich auf der entlegenen, unbewohnten Pazifikinsel namens Henderson Island fast 38 Millionen Plastikteile wieder - und täglich werden pro Quadratmeter 27 weitere Teile angeschwemmt. Das sind 10.000 neue (Plastik-) Teile pro Quadratmeter und Jahr! [3]
Doch wie ist solch eine Umweltverschmutzung möglich, trennen wir doch fein säuberlich unseren Müll und gelten wir Deutschen doch gemeinhin als Recycling-Meister (offizielle Berichte sprechen von Recyclingquoten bis ca. 80%). Weitestgehend unbekannt ist jedoch, dass solche Quoten ausschließlich berücksichtigen, was in die entsprechenden Recyclinganlagen hineingegeben wird. Was diese damit anstellen oder wie effizient das Ganze funktioniert, fließt jedoch nur unzureichend in die Statistiken ein. Eine Recyclingquote von 30-40% erscheint unter Berücksichtigung solcher Aspekte somit wesentlich realistischer. [5]
Jetzt mag man sich auf den ersten Blick fragen, was dieses globale Verpackungsproblem mit Kaffeekapseln zu tun hat…auf den zweiten Blick erkennt man jedoch: Auch Kaffeekapseln sind Einwegverpackungen (i.d.R. aus Kunststoff und Aluminium) und landen entsprechend in unserer Umwelt. Selbst in Mägen verendeter Wale wurden bereits Kaffeekapseln gefunden. [8]
Und sind wir doch mal ehrlich: Fast alle haben wir die kleinen Kapseln schätzen gelernt und wollen nicht mehr darauf verzichten, bieten sie doch Lifestyle, Bequemlichkeit oder auch Variantenvielfalt. Gerade Singlehaushalte, aber auch Unternehmen, schätzen die Flexibilität und einfache Handhabung.
Und wer nun glaubt durch den Konsum von angepriesenen kompostierbaren Kaffeekapseln (nach der DIN 13432) die Umwelt zu entlasten, der sieht sich getäuscht…denn diverse Untersuchungen zeigen, dass jene Kaffeekapseln in den deutschen Kompostwerken nicht verwertet werden können und entsprechend aussortiert werden. [1]
Bei dem Thema Umwelt erscheint die Gesellschaft generell gespalten: Sieht man auf der einen Seite immer mehr Menschen mit Jutebeuteln herumlaufen und verliert das "normale" Auto immer mehr an Bedeutung für alle Altersgruppen (bspw. durch Carsharing), so beherrschen trotz allem PS-starke SUVs die Großstädte von heute.
Es ist klar, dass wir in unserer heutigen Zeit nicht immer auf Verpackungslösungen verzichten können…Dennoch sind aus meiner Sicht mehr Impulse notwendig, um ein Umweltbewusstsein für nachhaltigeren, alltäglichen Konsum bei uns allen zu schaffen…eine Mission, an der wir weiterhin mit Hochdruck arbeiten.